Während der Ödipus-Komplex schon vor Zeiten durch Deleuze/Guattari zerlegt und widerlegt worden ist, fehlte bis heute ein vergleichbares Unternehmen in Hinblick auf den Elektra-Komplex. Elisabeth von Samsonow unternimmt in dieser Schrift den Versuch, die »präödipale« Welt des Mädchens (welche Freud stets rätselhaft geblieben war) in der Fülle ihrer Implikationen zu erfassen – das heißt, ein kulturelles Paradigma wieder aufzurollen, welches mit Hilfe der Figur der Elektra von den griechischen Dramatikern umkodiert und ver- oder entstellt worden war. Das Problem der Elektra verwandelt sich auf dem Hintergrund der kulturellen, soziologischen, politischen, symbolischen und ästhetischen Prinzipien der vor-athenischen Welt vollständig, was einen revolutionär neuen Zugang zu einer anderen Geschichte des Mädchens, zum Thema der sozialen Bindung und des Geschlechterverhältnisses, zur Kunst und ihrer Medien öffnet. Aus der Einebnung des Elektra-Komplexes ergibt sich dann die Grundlage für das Verständnis der Zusammengehörigkeit einer Reihe von bisher zusammenhangslos gebliebenen Phänomenen, wie etwa die Verbindung zwischen der Politik der Unsterblichkeit, der Universalisierung der Medien und der plastischen Industrie.