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»Der beste Reporter, der je für den New Yorker schrieb«

Die Mohawks aus dem Caughnawaga-Reservat am Sankt-Lorenz-Strom in Quebec sind die wohl ungebundensten Indianer Nordamerikas. Sie sind gemischter Abstammung und werden meist Caughnawagas genannt; früher hießen sie auch christliche oder betende Indianer. Die Caughnawagas zählen etwa dreitausend Mitglieder, von denen mindestens sechshundertfünfzig mehr Zeit in Städten der Vereinigten Staaten verbringen als in ihrem Reservat. Manche von ihnen schweifen umher wie Zigeuner. Es ist nicht unüblich, dass eine Familie ihr Haus absperrt, den Schlüssel bei einem Nachbarn hinterlegt, ins Auto steigt und dann mehrere Jahre weg ist. Caughnawaga-Gemeinden gibt es in Brooklyn, Buffalo und Detroit. Die größte ist jene in Brooklyn, die in den späten zwanziger Jahren in dem Viertel North Gowanus entstand. Zu dieser Gemeinde zählen etwa vierhundert Männer, Frauen und Kinder, die Tendenz ist steigend, und sie scheint Bestand zu haben. Einige Familien haben sich Häuser gekauft. Der Pastor einer Brooklyner Kirche, der Cuyler Presbyterian Church, hat den Mohawk-Dialekt der irokesischen Sprache gelernt und hält darin einmal im Monat eine Messe; zudem hat die Kirche einen Caughnawaga zum Diakon gewählt. Es gab im Viertel auch schon Eheschließungen zwischen Caughnawagas und anderen Bevölkerungsgruppen. Anfangs war es für Caughnawaga-Frauen schwierig, eine bestimmte Sorte Maismehl (Quaker White Enriched and Degerminated) zu finden, das sie für die Zubereitung des indianischen Brots ka-na-ta-rok bevorzugen, doch jetzt führen es alle Lebensmittelgeschäfte in North Gowanus, selbst kleine italienische Läden. Nevins Bar & Grill ist zum Stammlokal der Caughnawagas geworden und heißt im Viertel Indianertreff. An Wochenenden sind dort zwei Drittel der Gäste Caughnawagas, und für sie führt man ein Ale und zwei andere Biere aus Montreal. Unter den Mitgliedern des Stammes geht das Wort, Brooklyn sei das Geschäftsviertel von Caughnawaga.


Das Caughnawaga-Reservat befindet sich am Südufer des Sankt-­Lorenz-Stroms, etwas oberhalb der Lachine-Stromschnellen. Von Montreal aus, das am nördlichen Flussufer liegt, sind es rund fünfzehn Kilometer stromaufwärts. Mit dem Bus vom Dominion Square im Zentrum Montreals braucht man ungefähr eine halbe Stunde dorthin. Es ist ein kleines Reservat, dessen halbmondförmiges Gebiet aus Ackerland, Schwemmland und Buschwald besteht. Es erstreckt sich auf einer Länge von etwa zwölf Kilometern den Fluss entlang und misst an der breitesten Stelle knapp sechs Kilometer. Etwa in der Mitte des Reservats steht ein langgezogenes Dorf, das ebenfalls Caughnawaga heißt. Nur wenige Caughnawagas sind Bauern. Die meisten haben ihr Ackerland an Frankokanadier verpachtet und leben im Dorf; das umliegende Land nennen sie »Busch«. Die Fernverkehrsstraße von Montreal nach Malone, jenseits der Grenze im Bundesstaat New...

  • 20th century
  • USA
  • New York
  • New journalism
  • reportage

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Joseph Mitchell: McSorley’s Wonderful Saloon

Joseph Mitchell

McSorley’s Wonderful Saloon
New Yorker Geschichten

Translated by Sven Koch and Andrea Stumpf

Hardcover, 416 pages

Ein Besuch auf einer Schildkrötenfarm, die einen Großteil des nordamerikanischen Bedarfs an Schildkrötenfleisch deckt; das Porträt einer seit 1854 bestehenden New Yorker Kneipe; ­schwindelfreie Indianer im Stahlhochbau; findige Nichtstuer, hochbegabte Kinder, Muschelfischer und bärtige Damen; eine Schilderung der Institution »Beefsteak«, einem Begängnis, bei dem es ums Vertilgen ungeheurer Mengen Fleisch geht; der fundamentalistische Straßenprediger, der das Telefon für seine Zwecke entdeckt hat, oder Captain Charleys Museum für intel­ligente Menschen: Joseph Mitchells Geschichten, Porträts, Reportagen und Erzählungen sind längst Klassiker amerikanischer Literatur.
 
Mitchell ist ein begnadeter Zuhörer, der vor allem die von ihm Porträtierten selbst zu Wort kommen lässt. In seinen »teilnehmenden Beobachtungen« verbindet sich Sachlichkeit mit literarischer Anschaulichkeit der Beschreibung, subjektivem Humor und scharfer Beobachtungsgabe. Immer wieder zieht es ihn zu den Käuzen, Exoten und Exzentrikern seiner Stadt. Mit Hingabe widmet er sich aussterbenden Milieus, Phänomenen, die alsbald der Vergangenheit angehören werden, und immer wieder dem pulsierenden Leben der Hafenstadt New York.

Joseph Mitchells legendäre Reportagen gehören zur Ge­schichte New Yorks, sie lesen sich wie Bohrungen in einer heute verschütteteten Zeitschicht jener Stadt, die mehr als alle anderen die Moderne verkörpert. Die hier versammelten Geschichten sind in den Jahren 1938 bis 1955 im Magazin New Yorker erschienen. Für das deutsche Publikum weitgehend Neuland, eröffnen sie dem Leser ungeahnte, beglückende literarische Entdeckungen.