Mein Bekannter Mr. Hugh G. Flood, ein zäher, dreiundneunzigjähriger ehemaliger Abbruchunternehmer mit schottisch-irischen Wurzeln, erklärt gerne, dass er felsenfest entschlossen ist, bis zum Nachmittag des 27. Juli 1965 zu leben, wenn er hundertfünfzehn Jahre alt wird. »Mehr will ich gar nicht«, sagt er. »Ich will nur hundertfünfzehn werden. Das reicht mir.« Mr. Flood ist klein und runzelig. Seine eisblauen Augen sind wachsam und sein Gesicht ist rot, knochig und glattrasiert. Er ist altmodisch gekleidet. Für gewöhnlich trägt er einen hohen steifen Kragen, ein rot-weiß gestreiftes Hemd, einen Anzug aus Wollserge und eine Melone. Über seiner Weste hängt eine silberne Uhrkette. Am Revers steckt eine Blume. Er bewohnt ein Zimmer im Hartford House, einem verschlafenen Hafenhotel in der Pearl Street Nr. 309, und immer wenn ich in der Nähe des Fulton Fish Market bin, schaue ich dort vorbei, um zu sehen, ob er noch lebt.
Viele alte Leute söhnen sich mit der Gewissheit des Todes aus und werden gelassen; Mr. Flood nicht. Dafür gibt es drei Gründe. Erstens lebt er sehr gern. Zweitens entstammt er einer alten Baptistenfamilie und hat eine nagende Angst vor dem Jenseits, die nicht besser wird durch den Umstand, dass ihm die biblischen Schilderungen des Himmels ebenso bedrohlich erscheinen wie die der Hölle. »Ich will eigentlich weder dahin noch dorthin«, sagt er. Er grübelt oft über Religion und liest so gut wie jeden Tag ein Kapitel aus der Bibel. Dennoch geht er nur am Ostersonntag in die Kirche. An diesem Tag trinkt er zum Frühstück mehrere Scotch, steigt dann in ein Taxi und fährt zu einer Baptistenkirche in Chelsea. Danach ist er mindestens eine Woche lang bedrückt und schweigsam. »Ich bin ein gottesfürchtiger Mensch«, sagt er, »und ich glaube an Jesus Christus, gekreuzigt, gestorben und begraben, auferstanden von den Toten und aufgefahren gen Himmel, aber mehr als eine Predigt im Jahr ertrag ich nicht.« Drittens ist er Ernährungstheoretiker – er nennt sich selbst Fischköstler – und fühlt sich verpflichtet, zur Bestätigung seiner Theorie ein spektakuläres Alter zu erreichen. Er ist überzeugt, dass das Essen von Fleisch und Gemüse das Leben verkürzt, und behauptet, das einzig vernünftige Nahrungsmittel für Menschen, insbesondere für Menschen, die hundertfünfzehn Jahre alt werden wollen, sei Fisch.
Mr. Flood isst Fisch und Schalentiere nicht nur gern, er hält sie auch für ein Lebenselixier. »Wenn ich einen Hummer oder so einen zarten Tintenfisch von der Westküste verdrückt hab«, sagt er, »fühl ich mich, als hätt ich vom Jungbrunnen getrunken.«...