User account

Nikolaus Müller-Schöll: Brecht, Hölderlin und der Einbruch des Realen
Brecht, Hölderlin und der Einbruch des Realen
(p. 109 – 124)

Nikolaus Müller-Schöll

Brecht, Hölderlin und der Einbruch des Realen

PDF, 16 pages

Die Verwendung der Sophokles-Übersetzung Hölderlins erlaubt es Brecht, seine Version der »Antigone« so anzulegen, dass sie eine Erfahrung der radikalen Abwesenheit eines Maßes, eines Grundes oder einer verbindlichen normativen Ordnung der Darstellung vermittelt. Hatte Hölderlin in seiner Übersetzung konsequent die Differenz zwischen der Aussage und der Art und Weise des Aussagens im Text von Sophokles hervortreten lassen, so konnte Brecht mit der daraus resultierenden brüchigen Sprache auf dem Theater die Erfahrung der Modernität vermitteln, eines der griechischen Moira vergleichbaren Unverfügbaren in der Moderne. Diese Erfahrung ist bei Brecht wie Hölderlin diejenige einer in sich zwiegespaltenen Sprache und eines das Subjekt spaltenden Vorgangs der Artikulation, der sich aus ›Gesten‹ zusammensetzt, die den Einbruch der Realität im Theater erlauben.

  • conversation
  • theatre / drama
  • contingency
  • politics
  • contemporary art
  • theatre studies
  • technology
  • Jean-Luc Nancy
  • economics

My language
English

Selected content
English

Nikolaus Müller-Schöll

is Professor for Theatre Studies and Head of the MA Programme Dramaturgie at the Institute for Theatre, Film and Media Studies, Goethe University Frankfurt/M. His research focuses on the comical as a paradigm of modern experience (17th–20th century); (re)presentation “after Auschwitz”; theatre architecture as built ideology; questions between theatre, philosophy, politics, and literature, including topics of alterity, fictionizing the political and potentiality, as well as experimental forms of contemporary theatre and performance.

Other texts by Nikolaus Müller-Schöll for DIAPHANES
Marita Tatari (ed.): Orte des Unermesslichen

Das Ende der Geschichtsteleologie wird als Voraussetzung einer Reflexion über die gegenwärtigen Künste begriffen. Jedoch bleiben gerade diejenigen ästhetischen und theaterwissenschaftlichen Diskurse, die in den neuen Kunstformen eine Überwindung der Tradition sehen, teleologisch. Vielleicht ist aber dieses Ende, das wir erleben, nicht als Überwindung, Bruch, Sprengung oder Verabschiedung zu verstehen, sondern – so eine Formulierung von Jean-Luc Nancy – als Mutation unseres Bezugs zu unseren Zwecken. Das vorliegende Buch diskutiert diesen Ansatz angesichts des Verhältnisses von Kunst und Politik, der Entwicklung der Technologie und der gegenwärtigen Finanzökonomie. Es stellt die Frage, was diese Mutation für die Analyse der Theatergeschichte und der Theaterpraxis bedeutet.