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Georges Perec: »Denken/Ordnen«
»Denken/Ordnen«
(p. 141 – 166)

Mein Problem mit dem Ordnen ist, dass es nicht lange anhält.

Georges Perec

»Denken/Ordnen«

in: Denken/Ordnen, p. 141 – 166

D) Kurze Inhaltsangabe


Kurze Inhaltsangabe – Methoden – Fragen – Wortschatzübungen – Die Welt als Puzzle – Utopien – Zwanzigtausend Meilen unter den Meeren – Vernunft und Denken – Die Eskimos – 
Die Weltausstellung – Das Alphabet – Die Klassifizierungen – Die Hierarchien – Wie ich ordne – Borges und die Chinesen – Sei Shônagon – Die unsagbaren Freuden der Aufzählung – 
Das Buch der Rekorde – Niedrigkeit und Unterlegenheit – 
Das Lexikon – Jean Tardieu – Wie ich denke – Über Aphorismen – »In einem Netz gekreuzter Linien« – Verschiedenes – ? 


A) Methoden


Selbstverständlich habe ich im Verlaufe der verschiedenen ­Phasen dieser Arbeit – in Hefte oder auf fliegende Blätter gekritzelte Notizen, übernommene Zitate, »Ideen« usf., etc., usw. – die kleinen Haufen zusammengetragen, wie kleines b, GROSSES I, drittens, zweiter Teil. Als es dann darum ging, diese Elemente zusammenzustellen (und sie mussten ­zusammengestellt ­werden, damit dieser »Artikel« eines Tages endlich einmal aufhört, nur ein unbestimmtes und regelmäßig auf kommende, weniger arbeitsreiche Tage hinausgeschobenes Projekt bleibt), ist schnell klargeworden, dass es mir nie gelingen würde, sie zu einer Abhandlung zu ordnen.


Fast sieht es so aus, als ob sich die Bilder und Ideen, die mir gekommen sind – so schillernd und vielversprechend sie mir zu Anfang auch erschienen sein mochten, einzeln oder im Gegenteil sogar zu zweit – sofort im imaginären Raum meiner noch unbeschriebenen Blätter, wie Schachfiguren (oder Kreuze), von einem mittelmäßigen Spieler verteilt, auf dem Liniennetz dieser Blätter aufgestellt hätten, ohne dass es mir je gelungen wäre, fünf von ihnen durch eine gerade Linie zusammenzubringen.


Diese diskursive Schwäche liegt nicht nur an meiner Faulheit (und hat auch nichts damit zu tun, dass ich meine Schwierigkeiten mit dem Schreibspiel habe); sie hängt eher mit dem zusammen, was ich eigentlich mit diesem mir vorgeschlagenen Thema habe einkreisen, wenn nicht gar erfassen wollen. Als hätte das durch dieses DENKEN/ORDNEN ausgelöste Hinterfragen das zu Denkende und das zu Ordnende auf eine Weise in Frage gestellt, dass mein »Denken« sich nur zersplitternd, verzettelnd und unaufhörlich auf die Fragmentierung zurückkommend, die es ordnen zu wollen vorgab, darüber nachdenken konnte.


Was zum Vorschein kam, gehörte völlig in den Bereich des Verschwommenen, des Unentschlossenen, des Flüchtigen, des Unvollendeten, und ich habe mich schließlich dafür entschieden, diesen formlosen Bruchstücken ihren zögernden und ratlosen Charakter zu erhalten, habe darauf verzichtet, so zu tun, als wollte ich sie auf etwas hin ordnen, das mit vollem Recht den Anschein (und die Verführung) eines Artikels gehabt hätte, mit einem Anfang, einer Mitte und einem Ende.


Vielleicht bedeutet dies, auf die mir gestellte Frage zu antworten, noch bevor sie gestellt wurde. Vielleicht bedeutet es, sich...

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Georges Perec

Georges Perec

was a French writer and film maker of the post-war era. As a Polish Jew growing up during the Second World War he was lucky to survive, having been admitted to a children’s camp just before his mother was deported to Auschwitz. On his return to Paris in 1945 he went on to study history and sociology. After quitting university without graduating, he contributed a number of articles to »Nouvelle Revue française« and »Les Lettres Nouvelles«. He was called up for military service in 1958 and served to become a paratrooper in Pau for two years before finding employment as registrar at Saint-Antoine hospital. He became an active member of »L' Ouvroir de Littérature Potentielle« (Oulipo) in 1967 and became renown as a writer and film producer until his early death at the age of 45.

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Translated by Eugen Helmlé

Softcover, 168 pages

ePub

In »Denken/Ordnen«, seinem letzten Buch, forscht Georges Perec den kleinen Privat-Bürokratien nach, die jeder Einzelne entwickelt, um die Dinge der Welt zu versammeln, zu zerlegen und zum Verschwinden zu bringen: Anleitungen, Übungen, Listen, Methoden; seitenweise Kochrezepte (aber nur für Seezunge, Kalbsbries und Kaninchen!), verschiedene Arten, ein Bücherregal zu ordnen; Überlegungen über die Unmöglichkeit des Aufräumens und über die verschiedenen Arten körperlichen Aufenthalts beim Lesen (auf der Toilette, auf Reisen, beim Essen, im Bett …) – und nicht zuletzt einige Seiten wunderbare Betrachtungen über Brillen, die für jeden, der selbst davon betroffen ist, fortan unerlässlich sein werden. Und das alles ist, wie stets bei Perec, nicht nur ungeheuer anregend, sondern zutiefst komisch und traurig zugleich.