Journalistische Texte entstehen heute zunächst digital und online. Dieser Wandel muss als umfassender Paradigmenwechsel verstanden werden, der journalistische Kommunikation und die Rolle der daran beteiligten Akteure radikal verändert. Ein analoger Transformationsprozess wäre für die Geisteswissenschaften denkbar, ist bislang aber kaum erfolgt. Der vorliegende Beitrag zeigt ausgehend von einem Vergleich mit dem Printjournalismus, dass der Wandel für die Geisteswissenschaften ein großes Potenzial bereit hält, weil digitale Instrumente erlauben, Texte kollaborativ als Prozesse entstehen zu lassen und neue Publika zu erschließen. Die Analyse der Gründe für den Widerstand gegen das Prinzip »online first« in den akademischen Geisteswissenschaften weist einerseits auf die starke Rolle der Gatekeeper hin, die Karrieren und Reputation ausgehend von konservativen Vorstellungen kontrollieren, andererseits auf eine Bedrohung der »humanities«, weil der Einbezug digitaler Werkzeuge die Fragen aufwirft, wie maschinelle Verfahren oder Diskussionen in sozialen Netzwerken in ein Konkurrenzverhältnis zum akademischen Diskurs der Geisteswissenschaften treten könnten.