Beispiele können philosophische Denksysteme trennen. Dort, wo es um etwas geht, wird um Beispiele und ihren grundsätzlichen Status gestritten: Antoine Arnaulds und Pierre Nicoles fechten mit ihnen in La logique, ou l’art de penser den Fundamentalstreit zwischen Katholiken und Protestanten um das Dogma der Realpräsenz in der Eucharistie aus. Dann aber müssen sie in der Neuauflage ihres Buches neue Beispiele finden und erfinden, weil ihre Leser den Beispielgebrauch scharf kritisiert hatten. An einer Passage aus Descartesʼ Meditationes trennen sich die Wege von Michel Foucault und Jacques Derrida und damit von Dekonstruktion und historischer Diskursanalyse. In Frage steht dabei, ob das Beispiel, das Descartes für die unbezweifelbare Gewissheit angibt, den Wahnsinn aus der Vernunft ausschließt. Handelt es sich um ein einschneidendes historisches Ereignis oder nur um ein Beispiel, das lediglich die Variante von Vorgängern und damit kein Ereignis ist? Diese grundsätzliche Frage wird durch einen weiteren Beispiel-Streit ergänzt, der zwischen Derrida und Searle um den Status von parasitären Sprechakten geführt wird, die in der analytischen Tradition ausgeschlossen werden, um die Ereignishaftigkeit und das Gelingen performativer Sprechakte und damit die Vernunft selbst zu garantieren. Den Auftakt des Beitrages aber bildet Derridas Streit mit Kant um die Frage, ob das Beispiel nur ein Surplus der Vernunft sei oder ob es den Anspruch stellen kann, ein theoretischer Grundbegriff zu sein. Derrida entwickelt aus diesem Streit eine ganze Beispieltheorie, die dem Beispiel Gerechtigkeit widerfahren lässt.