Die Durchführung einer Simulation ist geleitet durch die Idee einer formalen Übersetzung: Ein (häufig physikalisches) Gegenstandsmodell soll in ein mathematisches, dieses in ein algorithmisches Modell übersetzt werden. Dabei soll die formale Struktur erhalten bleiben. Die Praxis der Simulation zeigt nun zwar, dass diese Idee leitend ist, aber nicht nahtlos umgesetzt werden kann. Es treten vielmehr grundlegende Probleme auf, die eine direkte Übersetzung unmöglich machen. Die These des Beitrags ist: Wo immer ein Bruch in diesem Übersetzungsprozess auftritt, wird eine List ersonnen, um das, was direkt nicht möglich ist, doch, in gewisser Weise zumindest, möglich werden zu lassen. Die Simulation erweist sich dadurch also als ein ungemein listenreicher Prozess. Dies schärft den Blick für die Technik und das Handwerk der Simulation. Denn der Begriff der List ist von vornherein auf die Tricks, Kniffe, Finten und verblüffenden Effekte von Technik bezogen.
Gerhard Gamm (ed.), Petra Gehring (ed.), Christoph Hubig (ed.), Andreas Kaminski (ed.), Alfred Nordmann (ed.)
Jahrbuch Technikphilosophie 2016
List und Tod
Softcover, 320 pages
PDF, 320 pages
Technik, List und Tod bilden ein Dreieck, das auch philosophische Koordinatensysteme durcheinanderbringt. Als indirekter Modus, als Ersatz von Gewalt durch Vermittlung, als Kniff in ohnmächtiger Lage ist Technik ebenso eng gebunden an die Vernunftform der »List« wie an die (Be-)Drohung mit dem Tod. Die Techniktheorie spricht gern von der Erfindung des Rades, der Mühle oder des Lichtschalters; dabei ist eine Grundform des Werkzeugs die Waffe. Probleme neuer Kriegstechnologien werden in dieser Ausgabe ebenso behandelt wie das Problem einer generalisierenden Kulturdiagnostik. Außerdem im Jahrbuch: Figurationen des Phänomenotechnischen im Labor; warum Technik mehr als eine Körpererweiterung ist; wie Robotik und Neuroprothetik unser Verständnis von Handlungen und Verantwortung verändern u.v.m.