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Joseph Vogl: Kreisläufe
Kreisläufe
(p. 99 – 117)

Joseph Vogl

Kreisläufe

PDF, 19 pages

Mit dem Eintreten des Blutes in das Paradigma einer Politik, deren Sorge der Verwaltung des Lebens von Bevölkerungen gilt, wird der Weg frei für vielfältige ästhetische, instrumententechnische, experimentelle, ökonomische und zeichentheoretische Imaginationen des Blutes, deren gemeinsamer Horizont die Perspektivierung des Körpersaftes als Lebenssaft bildet. Joseph Vogl zeigt in seinem Artikel »Kreisläufe«, wie das Kreislaufmodell William Harveys seit dem 17. Jahrhundert auch eine politische Anatomie und eine politische Physiologie zu formieren und zu transformieren beginnt. Nicht nur das Leben und die Gesundheit des individuellen und sozialen Körpers, sondern auch die gute Regierung im Rahmen einer politischen Ökonomie, die auf die stille Arbeit der Naturkörper zugreift und sie verwaltet, sind wesentlich mit ungehinderten Zirkulationen und der Administration von Überschüssen befasst. Der gemeinsame Raum, den die verschiedenen Wissensfelder und Diskurse in ihrer Verstreuung bilden – von der Medizin bis zum Geldverkehr, von der Verwaltung der Territorien und der Bevölkerung bis zur Bewirtschaftung des Bodens, von der Regulation der Geographien bis zum Austausch von Zeichen – wird organisiert durch die ihnen zugrunde liegende Frage der Regierung und das heißt der Steuerung, die auf eine Optimierung »natürlicher« Gegebenheiten zielt. Indem Harveys Modell des Blutkreislaufs die regulative Kraft des Herzens gegenüber einer Bewegung, die aus dem ersten Beweger selbst ein Bewegtes macht, distanziert, enttrohnt er das souveräne Modell des Herzens als princeps zugunsten des Blutes als principium.

  • cycle
  • 18th century

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Joseph Vogl

Joseph Vogl

is Professor of German Literature, Cultural and Media Studies at Humboldt University Berlin and Permanent Visiting Professor at Princeton University. He has published numerous books and articles and has also translated major contemporary French philosophers such as Gilles Deleuze and Jean-François Lyotard.

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Anja Lauper (ed.): Transfusionen

Seit der frühen Neuzeit erfuhr die Rede vom Blut wiederholte Umcodierungen: transformiert sich das christliche Blut des Erlösers nach 1600 zum physiologischen Träger des Lebens, so markiert 1800 das historische Datum, an dem es vom sozialen Unterscheidungsmerkmal zum Objekt eines Wissens vom Leben avanciert. Im Dispositiv der Bio-Politik wird das Blut zum Lebenssaft des biologischen wie des politischen Körpers.

Der Diskurs des Blutes wird von den verschiedensten Medien produziert, in Umlauf gebracht und reguliert, oder aber er wird selbst zum Medium. Die Momente des Übergangs, die Transfusionen zwischen verschiedenen Wissenskreisläufen, zwischen Kunst und Literatur, Ökonomie und Lebenswissenschaften sind das Thema des vorliegenden Bandes.