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Jörn Steigerwald: Erschriebene Bilder
Erschriebene Bilder
(p. 85 – 109)

Jörn Steigerwald

Erschriebene Bilder
Giovanni Boccaccios ›Amorosa Visione‹

PDF, 25 pages

Giovanni Boccaccios Amorosa Visione problematisiert auf grundlegende Weise die Möglichkeiten einer literarischen Bildpoiesis in der Frühen Neuzeit: Boccaccio verfolgt in diesem Terzinenepos die Frage, wie eine rein literarische Bilderfindung umgesetzt werden kann, indem er das ›Erschreiben‹ der Bilder als eine theoriegeleitete Praxis der Kreativität auf den Ebenen der Handlung und der Erzählung in Szene setzt. Aufbauend auf Dantes Transformation des allegorischen Darstellungssystems in der Divina Commedia leistet Boccaccio in der Amorosa Visione eine weitergehende Naturalisierung der Allegorie, die nun den moralischen Sinn fokussiert. Hierfür geht er vom bildspendenden Potenzial der Liebesallegorie aus, um die Möglichkeiten und Grenzen des – im doppelten Wortsinn –  sinnlichen Verstehens von Allegorien dem Leser vor Augen zu stellen. Auf diese Weise lotet Boccaccio das kreative Potential der Amorallegorie aus, und erprobt eine neue Praxis der Dichtung, nämlich die Bildpoiesis. Das literarische Produkt dieser Poiesis ist eine allegorisch-didaktische Dichtung, bei der in Umkehrung der auf Horaz aufbauenden Tradition das ›delectare‹ diese Voraussetzung für das ›prodesse‹ bildet.

  • poiesis
  • cultural practice
  • Aristotle
  • creativity
  • work
  • mimesis
  • production
  • intertextuality
  • theory / theoretical thinking

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David Nelting (ed.), Jörn Steigerwald (ed.), ...: Poiesis

Die Beiträge des vorliegenden Bandes diskutieren den heuristischen Wert des Begriffs der »Poiesis« für die Künste der Vormoderne. Sie gehen von der Beobachtung aus, dass in der Frühen Neuzeit mit dem Systematisch-Werden der Reflexionen über das künstlerische Schaffen die Kunsttheorien mit normativem Charakter dazu tendieren, die faktische Seite des Produzierens zu marginalisieren. Entsprechend fehlt es auch an Forschungen, welche die konkrete Seite des künstlerischen Arbeitens in den Blick nehmen und damit die »theoriegeleitete Praxis« künstlerischen Herstellens thematisieren. An diesem Punkt setzen die Beiträge an, die eben dieser in der künstlerischen Praxis mitgeführten Reflexion des Schaffens gelten. Dieser Band stellt nicht die elaborierten Theorien künstlerischer Kreativität in den Mittelpunkt, sondern die Reflexionen und Modellierungen des Arbeitens, Schöpfens und Produzierens im konkreten Werk selbst.

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