Nicht als biografisches Zeugnis einer Künstlerfreundschaft, sondern als programmatischen Text für Rubens' Kunsttheorie liest Michael Thimann den berühmten Brief von 1611, in dem Rubens gegenüber dem Arzt Johann Faber seiner Trauer über den Tod des Freundes Adam Elsheimer Ausdruck verleiht. Die weithin akzeptierte »affirmative Lesart« weicht einer Analyse der Rhetorisierung der Briefsprache, die gerade für Rubens als Briefautor verbindlich war. Aus dieser Analyse lässt sich ein ideengeschichtlicher Umriss der Trägheit (acedia) als einer Negativform künstlerischer Schöpferkraft gewinnen, deren Grundlage das mittelalterliche Melancholie-Verständnis war. Es steht nicht die Trauer um den verstorbenen Freund im Mittelpunkt der Lektüre, sondern die Frage nach der künstlerischen Hervorbringung, der Poiesis, und weitergehend Rubens' eigene Kunsttheorie und seine imitatio-Lehre.