Die Architekten und Architekturtheoretiker Finn Geipel und Sabine Hansmann führen in die Theorie des Monospace (›Einraum‹) und seines technisch-avancierten Einsatzes als Hülle ein, so zum einen in großen Formaten wie der Arena in Nîmes mit ihrer temporären Überdachung (1989) und zum anderen auch in künstlerischen Installationen wie der Arbeit syn chron (2005) von Carsten Nicolai. Die Hülle konstituiert den Raum neu, sie trennt ein Innen von einem Außen, aber dies – in den Beispielen aus dem Architekturbüro LABFAC bzw. LIN – eben auf durchaus ephemere Art und Weise. Die Funktion solcher Hüllen, d.h. das, was sie an innerer wie Umgebungs-Regulierung ermöglichen oder verhindern, kann dann in der Folge der Benutzung weiter spezifiziert werden, und dies nicht einmal für immer, sondern durchaus als offener Prozess, wie das Beispiel der Cité du design zeigt.
Karin Krauthausen (ed.), Rebekka Ladewig (ed.)
Modell Hütte
Von emergenten Strukturen, schützender Haut und gebauter Umwelt
Hardcover, 544 pages
PDF, 544 pages
Die Hütte wird gemeinhin als spontanes und vorläufiges Gebilde verstanden, als eine Improvisation im Außenraum, aus arbiträrem Material gefügt und mit einem klaren Ziel: schnell und mit vorhandenen Mitteln einen abgetrennten Bereich zu konstituieren. So verstanden faltet die Praxis der Hütte den Raum, sie erstellt gewissermaßen eine Tasche oder eine Abteilung in ihm und ermöglicht auf diesem Weg ein relatives Innen in Differenz zu einem Außen. Eine solche temporäre Faltung des Raums kann vielfältige Funktionen haben und etwa als Unterstand, Obdach, Versteck, Lager oder Zuflucht dienen. In jedem Fall wird der Bau nur selten planvoll konstruiert. Die Hütte gründet auf einer kreativen Praxis, die nicht als solche wahrgenommen wird. In der Konsequenz bildet die Hütte keine eigene Kategorie und ist gerade darin beispielhaft: Sie liefert das Modell für die spontane Emergenz von Strukturen, die in der Folge entweder vergehen und damit ephemer bleiben oder aber eine eigene Geschichte in Natur und Kultur begründen. Dieses weit über die Architektur hinausreichende ›Modell Hütte‹ erschließen die geistes- und naturwissenschaftlichen sowie gestalterischen Beiträge des Bandes über eine Vielfalt von Diskursen, u.a. zu Wohnen in the making, Prekäre Räume, Technik des Ephemeren, Kulturelle Urszene, Erweiterte Physiologie sowie Haut und Sein.
Mit Beiträgen von Michel Agier, Emily Brownell, Michael Cuntz, Heike Delitz, Elmgreen & Dragset, Michael Friedman, Finn Geipel & Sabine Hansmann, Ulrike Haß, Inge Hinterwaldner, Tim Ingold, Susanne Jany & Khashayar Razghandi, Stephan Kammer, Joachim Krausse, Karin Krauthausen, Rebekka Ladewig, Stephan Pinkau, Luca Rendina, Kathrin Röggla, Anna Roethe, Samo Tomšič, Felicity Scott, J. Scott Turner.